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16. Jun 2023
Ein Gutachter des TÜV Süd bewertete ein gebrauchtes Motorrad mit einem zu hohen Wert. Den kapitalen Motorschaden hatte er grob fehlerhaft nicht erkannt. Unser Mandant gab deshalb ein zu hohes Gebot für den Erwerb des Motorrades ab.
12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

25. Mar 2013

Stellenwert der Ehedauer im Unterhaltsrecht


Mit Wirkung zum 01.01.2008 hat der Gesetzgeber § 1578 b BGB eingeführt (vgl. ARUS-News vom 18.03.2013). Mit Wirkung zum 01.03.2013 hat der Gesetzgeber diese Vorschrift geändert (BGBl I 2013 Nr. 9). Der Gesetzgeber bestätigt den Grundsatz der Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten, formuliert aber die Kriterien für eine nach Ehescheidung fortwirkende nacheheliche Solidarität in Form der Ehegattenunterhaltes neu.

Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte trotz langer Ehedauer eine Befristung des nachehelichen Ehegattenunterhaltes vorgenommen werden, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den vormaligen Ehegatten (sog. Bedürftigkeit) nicht auf ehebedingten Nachteilen, sondern auf unterschiedlicher Lebensstellung der Beteiligten (Ausbildung, beruflicher Status) zum Zeitpunkt der Heirat beruht. Je mehr die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten dagegen auf einer gewachsenen wirtschaftlichen Abhängigkeit und auf ehebedingten Umständen beruht, desto weniger kommt eine Befristung in Betracht. Die Ehedauer führt für sich allein nicht zwangsläufig zu einer Einschränkung der wirtschaftlichen Selbständigkeit, entfaltet ihren Stellenwert aber in der Wechselwirkung mit der Aufgabenteilung in der Ehe.

Bei der Beurteilung einer Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltes wegen Unbilligkeit kam bislang den ehebedingten Nachteilen ein besonderer Stellenwert zu. Die Dauer der Ehe konnte zwar auch nach der bisherigen Rechtslage ohne Vorliegen ehebedingter Nachteile aufgrund der nachehelichen Solidarität einer Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltes entgegenstehen (BGH, Urteil vom 06.10.2010, XII ZR 202/08), jedoch wurde dieses Kriterium nach Auffassung des Gesetzgebers in der Instanzenrechtsprechung nicht ausreichend berücksichtigt, weshalb die gesetzgeberische Klarstellung erfolgte.

Der Gesetzgeber hebt mit der Gesetzesänderung zum 01.03.2013 den Stellenwert der Ehedauer an und stellt das Argument von seiner Gewichtigkeit auf die gleiche Stufe wie ehebedingte Nachteile. In der Gesetzesbegründung wird zum Ausdruck gebracht, dass die Ehedauer als Indiz für eine zunehmende Verflechtung der Verhältnisse zwischen den Ehepartnern anzusehen ist. Ohne das Hinzutreten weiterer Kriterien begründen lange Ehen aber keinen unbegrenzten Unterhaltsanspruch. Insofern bestätigt der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.04.2006, XII ZR 240/03) über die ‚Abschaffung der Lebensstandardgarantie‘.

Zu einer grundlegenden Änderung der Rechtsprechung zu § 1578 b BGB dürfte die gesetzliche Klarstellung nicht führen. Eine lange Ehedauer wird auch künftig nicht zu lebenslangen Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehepartner führen, wenn keine weiteren Kriterien hinzutreten, die ihren Grund in der Dauer der Ehe haben. Die teilweise vertretene Auffassung, dass die gesetzliche Änderung zur „Zementierung eines traditionellen Ehemodells“ oder zur „Privilegierung von Langzeitehen“ führe, ist nicht berechtigt.

Eine Abänderung von bestehenden unterhaltsrechtlichen Regelungen gem. § 238 f FamFG ist auf Basis dieser Gesetzesänderung nicht möglich. Des Weiteren bleibt es auch zukünftig dabei, dass der Unterhaltsschuldner im Verfahren hinreichend konkreten Sachvortrag bringen muss, um zu einer Herabsetzung und/oder zeitlichen Begrenzung des Unterhaltes wegen Unbilligkeit zu kommen. Dem unterhaltsberechtigten Ehepartner trifft dann eine sog. sekundäre Darlegungs- und Beweislast.

Verfasser: Frank Hengst