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12. Jun 2023
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08. Apr 2013

Unbefugte Zweitverwertung von Plänen eines Architekten


Bei nicht urheberrechtschutzfähigen Plänen eines Architekten bestimmt sich nach dem Vertragsinhalt, ob und in welchem Umfang dem Auftraggeber eine Nutzung der vom Architekten erstellten Pläne schuldrechtlich gestattet ist und ob und in welchem Umfang es dem Architekten schuldrechtlich untersagt ist, die Pläne nochmals zu verwerten. Fehlt eine ausdrückliche vertragliche Regelung, kann sich eine derartige stillschweigende Gestattung oder eine derartige stillschweigende Unterlassungsvereinbarung aus dem Vertragszweck, aus den Begleitumständen und aus dem schlüssigen Verhalten der Vertragsparteien ergeben (BGH, Urteil vom 24.02.2000, I ZR 168/97, „Allwetterbad“).

Umfasst der Auftrag an den Architekten die Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 Abs. 2 HOAI a. F., so ist es in der Regel Sinn und Zweck des Architektenvertrages, dem Auftraggeber die Möglichkeit zu verschaffen, das Bauwerk auf einem bestimmten Grundstück gemäß den Plänen des Architekten ohne dessen weitere Mitwirkung errichten zu lassen. Da zur Erreichung dieses Vertragszweckes der Auftraggeber die Befugnis benötigt, die vom Architekten erstellten Pläne für die einmalige Errichtung dieses Bauwerkes auf einem bestimmten Grundstück verwenden zu dürfen, ist in der Regel von einer stillschweigenden Gestattung des Architekten auszugehen, dass der Auftraggeber die Pläne hierzu ausschließlich nutzen darf (BGH, Urteil vom 20.03.1975, VII ZR 91/74, „Wohnhausneubau“).

Das allein dem Auftraggeber zustehende Nutzungsrecht an den Plänen führt dazu, dass der Auftraggeber gegenüber dem Architekten ein vertragliches Unterlassungsgebot hat. Die Nicht- oder Schlechterfüllung dieses schuldrechtlich begründeten Anspruches kann Rechtsfolgen nach dem Recht der Leistungsstörungen nach sich ziehen (BGH, Urteil vom 31.10.1986, V ZR 140/85).

Erfolgt eine Zweitverwertung der Pläne durch den Architekten kann dies zu bereicherungsrechtlichen Ansprüchen nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB führen. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 2 BGB besteht dann, wenn die Pläne des Architekten ein nach § 2 UrhG geschütztes Werk darstellen und wenn der Architekt dem Auftraggeber zumindest stillschweigend ein ausschließliches Nutzungsrecht (vgl. § 31 Abs. 1, Abs. 3 UrhG) beschränkt auf die Errichtung des geplantes Bauwerkes auf einem bestimmten Grundstück eingeräumt hat. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die unbefugte Zweitverwertung durch den Architekten zu Schadenersatzleistungen gem. § 97 Abs. 2 S. 1, 2 UrhG führen (BGH, Urteil vom 10.01.2013, VII ZR 259/11). Darüber hinaus kann die unbefugte Zweitverwertung durch den Architekten zu Schadenersatzansprüchen gem. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB führen (BGH, Urteil vom 17.12.1998, I ZR 37/96, „Hunger und Durst“).

Um als Bauträger oder Architekt Rechtsstreitigkeiten der genannten Art aus dem Wege zu gehen, sollte im Architektenvertrag eine klare Regelung über das schuldrechtliche und das urheberrechtliche Nutzungsrecht an den Plänen erfolgen. Enthält der Architektenvertrag zu diesen Punkten klare Regelungen, entfällt im Falle einer Streitigkeit vor Gericht zumindest die für beide Parteien ungewisse Auslegung eines Architektenvertrages durch das Gericht.

Hinweis: Kritisch mit dieser Entscheidung geht Prof. Dr. Martin SCHWAB in einem Beitrag in der Neuen Juristischen Wochenzeitschrift 16/2013 Seite 1135 ff. ins Gericht. Nach seiner Auffassung hätte der BGH die Ansprüche nicht auf Bereicherungsrecht, sondern auf Vertragsrecht stützen müssen.

Verfasser: Frank Hengst