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16. Jun 2023
Ein Gutachter des TÜV Süd bewertete ein gebrauchtes Motorrad mit einem zu hohen Wert. Den kapitalen Motorschaden hatte er grob fehlerhaft nicht erkannt. Unser Mandant gab deshalb ein zu hohes Gebot für den Erwerb des Motorrades ab.
12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

13. May 2013

Extreme Massenmehrung beim BGB-Werkvertrag


Werden bei einem Werkvertrag die VOB/B nicht mit in den Vertrag einbezogen, gelten grundsätzlich nur die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere die §§ 631 ff. BGB. Die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches enthalten keine expliziten Regelungen über vertragliche Nebenpflichten. Baubehinderungsanzeigen, Bedenkenanzeigen, Mengenmehrungsanzeigen und ähnliches sind den Buchstaben des Bürgerlichen Gesetzbuches grundsätzlich fremd. Gleichwohl hat die Rechtsprechung auch bei einem BGB-Werkvertrag aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nebenvertragliche Pflichten entwickelt.

Das Oberlandesgericht Celle hatte in einem Rechtsstreit darüber zu befinden, ob einem Unternehmer die Pflicht obliegt, den Bauherren auf extreme Massenmehrungen hinzuweisen. Konkret ging es in diesem Rechtstreit darum, dass bestimmte Positionen um das Dreifache, teilweise sogar um das Zehnfache der dem Einheitspreisvertrag zugrunde gelegten Mengen auftraten. Das Gericht kam in seiner Entscheidung (OLG Zelle, Urteil vom 09.08.2012, 16 U 197/11) zu folgendem Ergebnis:

Der auf Einheitspreisbasis mit Reparaturarbeiten beauftragte Bauunternehmer hat den Besteller auf extreme Massenmehrungen hinzuweisen, die sich während der Ausführungen als erforderlich herausstellen und den Sinn der Reparaturmaßnahme wirtschaftlich infrage stellen. Unterlässt er diesen Hinweis, beschränkt sich der Vergütungsanspruch auf die im Vertrag vorläufig veranschlagten Massen.

Wir halten diese Entscheidung in wesentlichen Punkten für falsch. Das Gericht hat nach unserer Auffassung die Besonderheiten eines Einheitspreisvertrages nicht angemessen berücksichtigt. Gegenstand eines Einheitspreisvertrages ist gerade die Besonderheit, dass eine Ausführung nach tatsächlich erforderlichen Mengen beauftragt wird und die Parteien dabei in Kauf nehmen, dass die tatsächlichen Massen von den ursprünglichen Annahmen abweichen können (OLG Schleswig, Urteil vom 10.10.2008, 17 U 6/08). Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien eine bestimmte Menge ausnahmsweise zur Geschäftsgrundlage erhoben haben, lagen nicht vor. Deshalb hätte das Gericht die Mengenüberschreitung über das Institut der Änderung der Geschäftsgrundlage nach Maßgabe der Regelung des § 313 BGB lösen können und müssen (BGH, Urteil vom 08.07.1993, VII ZR 79/92).

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Celle verursacht Rechtsunsicherheit. Wie soll ein Bauunternehmer den wirtschaftlichen Sinn einer Reparaturmaßnahme beurteilen, ohne vom Besteller nähere Informationen hierzu zu erhalten? Das Oberlandesgericht Celle bürdet dem Bauunternehmer Verpflichtungen auf, die dieser in der Praxis kaum erfüllen kann. Wir empfehlen daher vorsorglich eine Orientierung am Gedanken des § 2 Abs. 3 VOB/B, wonach zwischen den Parteien ein neuer Einheitspreis für die 110 % übersteigenden Mengen zu bilden ist.

Verfasser: Frank Hengst