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12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

15. Jul 2013

Ausbildungsunterhalt für eine Erstausbildung


Gem. § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Der Maß des zu gewährenden Unterhaltes bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt), § 1610 Abs. 1 BGB. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf; bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung, § 1610 Abs. 2 BGB.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist der aus §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung der Eltern auf Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Kindes die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Verletzt das Kind nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt es seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen.

Der für das Familienrecht zuständige XII. Senat des BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein zum maßgeblichen Zeitpunkt 24 Jahre altes Kind, dass die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6 abschloss und anschließend als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse eintrat und verschiedene Praktika zum Teil in der Erwartung leistete, auf diese Weise einen Ausbildungsplatz zu erhalten, weiterhin Anspruch auf Ausbildungsunterhalt i. S. v. § 1610 Abs. 2 BGB hat.

Der BGH hat entschieden, dass auch eine dreijährige Verzögerung der Aufnahme einer Erstausbildung infolge zwischenzeitlich geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen kann, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen. Bewerber mit schwachem Schulabgangszeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstieges über eine (zunächst) ungelernte Ausbildungstätigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäftigungsverhältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbildungsplatzes geschehe (BGH, Beschluss vom 03.07.2013, VII ZB 220/12).

Der BGH hat mit dieser Entscheidung das Gegenseitigkeitsprinzip bestätigt. Grundsätzlich schulden die Eltern ihrem Kind zu Recht Unterhalt auf dem Weg zur Erlangung einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf und ggf. der sich anschließenden Studienzeit. Diese Pflicht besteht zu Recht jedoch nur dann, wenn auch das Kind seinerseits an der Erlangung des angestrebten Ausbildungszieles mitwirkt. Ein grundloser Abbruch der Ausbildung oder eine von Anfang an zum Scheitern verurteilte Berufsausbildung können daher zum Verlust des Anspruches auf Ausbildungsunterhalt führen.

Verfasser: Frank Hengst