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Ein Gutachter des TÜV Süd bewertete ein gebrauchtes Motorrad mit einem zu hohen Wert. Den kapitalen Motorschaden hatte er grob fehlerhaft nicht erkannt. Unser Mandant gab deshalb ein zu hohes Gebot für den Erwerb des Motorrades ab.
12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

22. Jul 2013

Erstattung von Detektivkosten im Unterhaltsrechtsstreit


Ein Unterhaltsanspruch ist dann zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist, wenn die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen grob unbillig wäre, weil der/die Unterhaltsberechtigte in einer (neuen) verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, § 1579 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB.

In einem Unterhaltsrechtsstreit war der Mann zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. In dem Unterhaltsrechtsstreit hatte die Frau als Unterhaltsberechtigte bestritten, in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem anderen (neuen) Mann zu leben. Der zum Unterhalt verurteilte Mann hatte jedoch Informationen darüber, dass die Frau die Beziehung zu einem anderen (neuen) Mann fortgesetzt hatte. Zur Vorbereitung einer Abänderungsklage hatte der verurteilte Mann deshalb einen Detektiv mit der Feststellung beauftragt, ob die Frau eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit einem anderen (neuen) Mann unterhalte. Der Detektiv überwachte die Fahrten der Frau mit einem an ihrem Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Senders. Aufgrund dieser Informationen strengte der verurteilte Mann eine Abänderung des ausgeurteilten nachehelichen Unterhalts an. Nachdem die Frau  vorprozessual die Voraussetzungen für einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruches, also die neue Lebensgemeinschaft, verneint hatte, erkannte sie im anschließenden Abänderungsverfahren den Antrag des Mannes auf Wegfall seiner nachehelichen Unterhaltspflicht an. In dem Anerkenntnisurteil wurden der Frau die Kosten des Verfahrens auferlegt.

In dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren stritten die Parteien darum, ob die Detektivkosten des Mannes von der Frau zu erstatten seien. Das Oberlandesgericht (OLG) hat dies abgelehnt; der Bundesgerichtshof (BGH) hat die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 15.05.2013, VII ZP 107/08).

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des BGH führt dazu aus, dass zu den Prozesskosten, die auf Grundlage der Kostengrundentscheidung festgesetzt werden können, nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Rechtsstreites ausgelösten Kosten, sondern auch solche Kosten zählen, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Dazu können auch Detektivkosten gehören, wenn sie auf Grundlage eines konkreten Verdachtes zur Durchsetzung des Rechts notwendig waren, sich im angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des Rechtsstreites halten und die erstrebte Feststellung nicht einfacher oder billiger zu erzielen war. Das gilt grundsätzlich auch für die Ermittlung von Indiztatsachen für eine vom Unterhaltsberechtigten bestrittene verfestigte Lebensgemeinschaft.

Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreites allerdings nur insoweit zu tragen, als sie zur Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Dies ist bei Kosten zur Beschaffung von Beweismitteln nur dann der Fall, wenn die beschafften Beweismittel im folgenden Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Daran fehlt es bei einem durch GPS-Sender erstellten umfassenden personenbezogenem Bewegungsprofil. Denn die Feststellung, Speicherung und Verwendung greift in unzulässiger Weise in das nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Ein solcher Eingriff ist nur zur Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen der Allgemeinheit unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 04.06.2013, 1 StR 32/13), wie z.B. im Rahmen des § 100 h Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 StPO. Da im vorliegenden Fall aber mit einer punktuellen persönlichen Beobachtung ein milderes geeigneteres Mittel zum Nachweis einer verfestigten Lebensgemeinschaft zur Verfügung gestanden hätte, stellt sich die durchgeführte Überwachung mittels GPS-Sender als unverhältnismäßiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frau dar und steht einer Erstattungspflicht der Kosten entgegen.

Die Entscheidung ist nach unserer Auffassung kritisch zu betrachten. Der BGH verkennt, dass eine punktuelle persönliche Überwachung praktisch nur realiserbar ist, wenn vorher die Erkenntnisse gewonnen wurden, wann und wo die punktuelle persönliche Überwachung sinnvoll und zweckmäßig ist, um die entsprechenden Beweismittel zu beschaffen. Die Erkenntnisse können praktisch wohl nur durch eine Überwachung mittels GPS-Sender und der Erstellung eines Bewegungsprofiles gewonnen werden. Wenngleich die Entscheidung des BGH im Ergebnis dazu führte, dass die Kosten des Detektives nicht von der Frau getragen werden mussten, so ändert dies jedoch nichts an der Tatsache, dass die durch den Detektiv festgestellten Tatsachen zumindest mittelbar gerichtlich verwertet werden können. Zwar kann das vom Detektiv erstellte Bewegungsprofil nicht als Beweismittel herangezogen werden, jedoch die durch den Detektiv ermittelten Informationen zu Aufenthalten der Frau zu bestimmten Uhrzeiten an bestimmten Orten unter Teilnahme bestimmter Personen. Im Zweifel können diese Tatsachen in einem Rechtsstreit durch vom Detektiv ermittelte Zeugen unter Beweis gestellt werden. Die Einschaltung eines Detektives kann sich im Einzelfall deshalb durchaus als sinnvoll erweisen. Wichtig ist dabei, dass der rechtliche Hintergrund und der Auftrag mit dem Detektiv genauestens abgesprochen werden und der Detektiv auch die zur gerichtlich zulässigen Beweisführung notwendigen Tatsachen und Beweismittel feststellt.

Verfasser: Frank Hengst