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16. Jun 2023
Ein Gutachter des TÜV Süd bewertete ein gebrauchtes Motorrad mit einem zu hohen Wert. Den kapitalen Motorschaden hatte er grob fehlerhaft nicht erkannt. Unser Mandant gab deshalb ein zu hohes Gebot für den Erwerb des Motorrades ab.
12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

16. Sep 2013

Leistungsfähigkeit bei der Zahlung von Unterhalt für die Eltern


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren, § 1601 BGB. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt, § 1589 Abs. 1 S. 1 BGB. Folglich sind die Eltern für die Kinder und die Kinder für die Eltern unterhaltspflichtig.

Im Zuge unserer gesamtgesellschaftlichen Veränderungen tritt zunehmend häufiger die Situation ein, dass Kinder für ihre in einem Altersheim untergebrachten Eltern unterhaltspflichtig sind. Neben der Frage der Bedürftigkeit der Eltern ist für die Kinder von besonderer Bedeutung, in welchem Umfang sie gegenüber den Eltern unterhaltspflichtig sind und welche Leistungsfähigkeit im unterhaltsrechtlichen Sinne ihnen zugesprochen wird.

Die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes kann unter anderem aus seinem Einkommen resultieren. Für die Berechnung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens werden besondere Maßstäbe angesetzt. Unter anderem wird dem unterhaltspflichtigen Kind ein stark erhöhter Selbstbehalt zugebilligt. Nachdem der Selbstbehalt zum 01.01.2011 auf 1.500,00 EUR angehoben wurde, erfolgte zum 01.01.2013 eine nochmalige Anhebung auf 1.600,00 EUR. Mithin hat ein unterhaltspflichtiges Kind nur den Betrag vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zur Bestreitung des Unterhaltes der Eltern einzusetzen, der über dem Selbstbehalt von 1.600,00 EUR liegt.

Die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes kann sich aber auch aus seinem Vermögen ergeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Elternunterhaltes einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die das unterhaltspflichtige Kind neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit 5% von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf. Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhaltes unangreifbar (BGH, Urteil vom 30.08.2006, VII ZR 98/04). Sichert das unterhaltspflichtige Kind den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Barvermögen oder ähnliche Kapitalanlagen, muss ihm davon jedenfalls der Betrag verbleiben, der sich aus der Anlage der ihm unterhaltsrechtlich zuzubilligenden zusätzlichen Altersvorsorge bis zum Renteneintritt ergibt (BGH, Urteil vom 19.02.2003, VII ZR 67/00 | BGH, Urteil vom 14.01.2004, VII ZR 149/01).

Strittig war bislang, ob und in welchem Umfang Immobilienvermögen bei der Berechnung des zur Unterhaltssicherung zu verwertenden Vermögens berücksichtigt wird. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen unterhaltspflichtigen Kindes grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist. Übersteigt auch das weitere vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5% vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 07.08.2013, VII ZB 269/12).

Im Rahmen der Prüfung einer Unterhaltspflicht beim Elternunterhalt ist daher neben der Bedürftigkeit der Eltern (vergl. ARUS-News vom 01.07.2013) besonders auf die Leistungsfähigkeit aus dem Einkommen und dem Vermögen zu achten. Da sich der zu schonende Vermögensstamm fiktiv mit 5% vom Bruttoeinkommen über die Dauer des gesamten Berufslebens berechnet, ist jedem potentiell Unterhaltspflichtigem anzuraten, seine Einkommenssteuerbescheide für die Dauer seines Berufslebens aufzuheben und zu archivieren, um notfalls zu einem späteren Zeitpunkt seine Einkommensverhältnisse während seines Berufslebens plausibel und nachvollziehbar darlegen und beweisen zu können.

Verfasser: Frank Hengst