06. Mar 2015
Informationen zum Mindestlohngesetz 2015
In Deutschland gilt ab 01.01.2015 ein gesetzlicher, flächendeckender und weitgehend branchenunabhängiger Mindestlohn für Arbeitnehmer. Danach haben grundsätzlich alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Entlohnung von wenigstens 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde. Rechtsgrundlage ist das Mindestlohngesetz (MiLoG).
Unabhängig vom Mindestlohn verbleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung zum sittenwidrig geringen Entgelt (
§ 138 BGB), d. h. neben dem Mindestentgelt nach § 1 MiLoG bildet die Sittenwidrigkeit eine (weitere) Untergrenze der Vergütung.
Der Mindestlohn ist zwingend. Der Arbeitnehmer kann auf Mindestlohn nicht verzichten (§ 3 MiLoG). Ausnahme: Verzicht ist nur durch gerichtlichen Vergleich mit dem Arbeitgeber möglich.
1. Ab wann gilt das Gesetz?
Das Mindestlohngesetz ist am 16.08.2014 in Kraft treten. Der Mindestlohn von 8,50 EUR brutto ist ab 01.01.2015 zu gewähren. Zu Ausnahmen weiter unten.
2. Wen betrifft das Gesetz?
Jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer, gleich ob befristet, unbefristet, in Vollzeit, in Teilzeit oder geringfügig (Minijobber) beschäftigt, für Erntehelfer, Saisonbeschäftigte, erwerbstätige Rentner, Schüler und Studenten. Der Mindestlohn gilt nicht für Selbstständige und arbeitnehmerähnliche Personen (da ebenfalls Selbstständige).
Der Mindestlohn gilt für alle (auch für kirchliche) Arbeitgeber und Privathaushalte, die private Pflegekräfte oder Haushaltshilfen beschäftigen. Er gilt auch für ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmer im Inland – auch nur vorübergehend – beschäftigen.
3. Gibt es Ausnahmen vom Mindestlohn?
Ja. Die wesentlichen Ausnahmen sind:
- Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne Berufsabschluss (= Menschen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung)
- Auszubildende
- Ehrenamtlich Tätige
- Tätigkeiten aufgrund einer Vereinsmitgliedschaft
ACHTUNG: Die Arbeit für einen gemeinnützigen Träger für sich genügt nicht, um das MiLoG zu vermeiden! Wer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses einer (auch) gemeinnützigen oder sonst für das Gemeinwesen erwünschten Arbeit nachgeht, unterliegt grundsätzlich dem MiLoG.
- Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie oder ein Schnupper- bzw. Orientierungspraktikum für die Wahl einer Ausbildung machen. Gleiches gilt für freiwillige Praktika mit Ausbildungsbezug im Studium oder in der Ausbildung und berufspraktische Phasen im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach dem SGB III.
ACHTUNG: Einige Praktika unterfallen nur bis max. drei Monate nicht unter das MiLoG, bei anderen ist ggf. auch ein Zeitraum von mehr als drei Monaten vom MiLoG ausgenommen (siehe hierzu im Einzelnen § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG). Voraussetzung für ein Praktikum ist in jedem Fall, dass es sich um ein Praktikum im rechtlichen Sinne und nicht um ein verdecktes Arbeitsverhältnis handelt. Für die Ableistung von Praktika kann eine angemessene Vergütung geschuldet sein, § 17 i.V.m. § 26 BBiG. Das klassische Schülerpraktikum ist wahrscheinlich nicht zu vergüten, ansonsten gilt: Die Vergütung ist angemessen, wenn für das Praktikum so viel gezahlt wird wie es einer vergleichbaren Ausbildungsvergütung - abzüglich 20% - entspricht. Anlernlinge sind keine Praktikanten; Probearbeit bedeutet ein Arbeitsverhältnis mit entsprechender Vergütungspflicht, das Einfühlungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis.
ACHTUNG: Im Zuge des Mindestlohngesetzes hat der Gesetzgeber auch eine Änderung des Nachweisgesetzes veranlasst. Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. Diese Regelungen sind bereits seit 16.08.2014 in Kraft.
- Langzeitarbeitslose, die in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Für sie gilt der Anspruch auf den Mindestlohn für die ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nicht.
- Saisonarbeiter: Für sie gilt das Mindestentgelt von 8,50 EUR brutto zwar ab 01.01.2015, allerdings sind sie für max. 70 Tage von der Sozialversicherungspflicht befreit.
- Zeitungszusteller: Hier wird das Mindestentgelt von 8,50 EUR schrittweise eingeführt. Uneingeschränkt gilt es erst ab dem Jahr 2017. Verleger dürfen demnach für Mini-Jobber im ersten Jahr 25 Prozent unter 8,50 EUR/Stunde zahlen, im zweiten Jahr werden es noch 15 Prozent weniger sein. Von 2017 an gilt dann auch hier der Mindestlohn, dies unter Beachtung etwaig bis dahin beschlossener Anhebungen des Mindestentgelts.
- Bufdis: Personen, die einen Dienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) oder einen sonstigen Freiwilligendienst leisten.
ACHTUNG: Das Mindestentgelt von 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde gilt grundsätzlich unabhängig von der Qualifikation des Arbeitnehmers. Ein fehlender Berufsabschluss, ungenügende Sprachkenntnisse oder gar die Herkunft des Arbeitnehmers aus einem anderen Land rechtfertigen keine Ausnahme von der Verpflichtung zur Zahlung von 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde.
4. Welche Arbeitszeiten sind zu vergüten? Was gilt für Überstunden, Bereitschaftsdienst, die sog. Rufbereitschaft und Wegezeiten?
Nach § 1 MiLoG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf 8,50 EUR brutto je Zeitstunde. Grundsätzlich fallen unter den Mindestlohn nach MiLoG alle Zeiten, in denen bzw. während derer der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeit verrichtet. Pausenzeiten sind grundsätzlich nicht zu vergüten.
ACHTUNG: Sog. Rüstzeiten (z. B. das Hochfahren eines Kassensystems, um das Kassieren mittels einer elektronischen Kasse zu ermöglichen) gehören grundsätzlich zur Arbeitszeit und sind damit auch grundsätzlich mit wenigstens 8,50 EUR / Stunde zu vergüten.
a) Überstunden
Auch Überstunden sind mit dem Mindestlohn zu vergüten, soweit sie nicht durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Häufig werden Pauschalabgeltungsklauseln verwendet.
Beispiel:
„Im Bruttomonatsgehalt ist eine Pauschale für etwaige Überstunden mit enthalten.“
„Mit der Monatsvergütung sind 20 Überstunden pro Monat mit abgegolten.“
Bei Arbeitnehmern, die nur Anspruch auf den Mindestlohn haben, sind solche Klauseln unwirksam, weil 8,50 EUR brutto je Zeitstunde zu zahlen ist und deshalb alle tatsächlich geleisteten Stunden zu vergüten sind. Darüber hinaus können solche Klauseln auch wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam sein.
b) Bereitschaftsdienst / Rufbereitschaft / Wegezeiten
aa) Bereitschaftsdienst
Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit und mit dem Mindestlohn zu vergüten. Von Bereitschaftsdienst spricht man, wenn sich der Arbeitnehmer an einem durch den Arbeitgeber bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, um auf Anweisung des Arbeitgebers seine Arbeit unverzüglich aufnehmen zu können. Bereitschaftsdienst stellt somit eine Beschränkung des Aufenthalts dar, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf tätig zu werden.
bb) Rufbereitschaft
Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG. Bei der Rufbereitschaft ist eine Anwesenheit am oder in der Nähe des eigentlichen Arbeitsplatzes nicht gefordert (der Arbeitnehmer kann sich also ggf. auch zu Hause aufhalten); es genügt, dass der Arbeitnehmer erreichbar ist und innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die Arbeit aufnehmen kann. Zeiten der Rufbereitschaft können daher unterhalb des Mindestlohnes vergütet werden.
cc) Wegzeiten
Die Vergütung von Wegzeiten erfolgt grundsätzlich nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln. Für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz ist grundsätzlich kein Arbeitsentgelt und mithin auch kein Mindestlohn geschuldet. Dienstfahrten (Arbeitnehmer fährt von Kunde A zu Kunde B, Fahrten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle) dagegen sind Arbeitszeiten und mit mind. 8,50 EUR brutto/Stunde zu vergüten. Bei Bus- und Fernfahrern sind die Lenk- und Ladezeiten Arbeitszeit.
ACHTUNG: Ab 01.01.2015, gelten für die Pflegebranche aufgrund der Zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen (2. PflegeArbbV) vom 27.11.2014 zahlreiche Besonderheiten. Das betrifft unter anderem den Bereitschaftsdienst. Haben Sie hierzu weitergehende Fragen, wenden Sie sich bitte an uns.
5. Tariflöhne
Für einige wenige Mindestlohntarifverträge gilt eine Übergangsfrist. In einer Übergangszeit bis zum 31.12.2016 sind tarifliche Abweichungen allein auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (wegen der Lohnuntergrenze bei Leiharbeit) erlaubt. Ab dem 01.01.2017 gilt dann generell der allgemein verbindliche Mindestlohn von wenigstens 8,50 EUR brutto.
Rechtsgrundlage für die Unterschreitung des Mindestlohns aufgrund Tarifvertrages ist § 24 MiLoG:
(1) Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen. Satz 1 gilt entsprechend für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sowie § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen worden sind.
(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.
Nach unserem Kenntnisstand sind folgende Branchen aktuell solche, bei denen legal unterhalb von brutto 8,50 EUR/Stunde vergütet werden darf:
- Fleischindustrie (West und Ost): 8,00 EUR
- Friseure (bis 07/2015): 8,00 EUR (West), 7,50 EUR (Ost)
- Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau: im Westen ab 01.01.2015 7,40 EUR, ab 01.01.2016 8,00 EUR | im Osten (einschließlich Berlin) ab 01.01.2015 7,20 EUR und ab 01.01.2016 7,90 EUR
- Leiharbeit/Zeitarbeit (Ost, einschl. Berlin): 7,86 EUR (bis 04/2015)
- Textil- und Bekleidungsindustrie Ost: 7,50 EUR (ab 01.01.2015), 8,25 EUR (ab 01.01.2016), 8,75 EUR (ab 01.11.2016)
- Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft Ost, einschl. Berlin: 8,00 EUR (bis 07/2016)
- Zeitungszusteller (siehe dazu oben Punkt 3.)
ACHTUNG: Die gemachten Angaben sind ohne Gewähr der Richtigkeit, hier mit nahezu täglichen Änderungen zu rechnen ist!
6. Minijobber (Aushilfen)
Auch Minijobber haben unter Beachtung der bereits erwähnten Ausnahmen einen Anspruch auf Mindestlohn. Wir der zulässige Höchstsatz von 450,00 EUR monatlich als Fest-oder Pauschalbetrag vereinbart ohne dass ein Stundensatz oder eine konkrete Arbeitszeit vereinbart wird, sind max. 52,9 Arbeitsstunden im Monat geschuldet. Für 53 Stunden wären bereits 450,50 (53 x 8,50 EUR) geschuldet, was oberhalb der sozialversicherungsfreien Grenze läge.
7. Rentner
Für Rentner gilt das Gesetz ebenso wie für alle anderen Arbeitnehmer. Allein das Erreichen oder Überschreiten einer bestimmten Lebensaltersgrenze rechtfertigt nicht die Unterschreitung des Mindestentgelts von 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde.
8. Freie Mitarbeiter
Freie Mitarbeiter unterfallen nicht dem gesetzlichen Mindestlohn. Es muss aber immer gesichert sein, dass es sich wirklich um einen selbständig Beschäftigten und nicht um einen Arbeitnehmer handelt. Im Zweifelsfall kann ein Statusprüfverfahren eingeleitet werden. Auf gar keinen Fall sollte vorschnell aus einem Arbeitnehmer ein freier Mitarbeiter gemacht werden. Hier drohen betroffenen Arbeitgebern unter Umständen erhebliche finanzielle Schäden!
9. Gibt es auch einen Mindestlohn oberhalb der 8,50 EUR?
Ja, aufgrund einschlägiger Tarifverträge.
10. Zuschläge und Zulagen
Geldleistungen des Arbeitgebers sind auf den Anspruch auf Mindestlohn anzurechnen, wenn sie Teil der Arbeitsvergütung, also Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung sind. Hierzu zählen:
- Schichtzulagen
- Einmal-oder Sonderzahlungen, soweit die Zahlung unwiderruflich und ohne Rückzahlungsklausel erfolgt und an keine weitere Voraussetzung (wie Betriebstreue) geknüpft ist (z.B. 13. Gehalt, jährlicher Bonus). Dies ist aber unbedingt im Einzelfall zu prüfen.
- Entgeltumwandlung in betriebliche Altersvorsorge
Nicht auf den Mindestlohn anzurechnen sind:
-
Trinkgelder
-
Telefonkosten, Mankogeld
-
Wegegeld, wenn es als Ersatz für Fahrtkosten gezahlt wird
-
Aufwandsentschädigungen
-
Verpflegungspauschalen
-
Reise- Unterkunftskosten
-
Schmutz- und Gefahrenzulagen
-
Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit
-
Überstundenzuschläge
-
Qualitätsprämien und Akkordprämien
-
Vermögenswirksame Leistungen
-
zusätzliches Urlaubsgeld (nicht Urlaubsentgelt)
-
Treueprämien
11. Mindestvergütung als Festgehalt
Ab dem 01.01.2015 steht grundsätzlich allen abhängig Beschäftigten ein Anspruch auf eine Vergütung von wenigstens 8,50 EUR brutto je gearbeitete Stunde zu. Das führt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich zu einem monatlichen und durchschnittlichen Mindestentgeltanspruch in Höhe von 1.471,31 EUR brutto (8,50 EUR x 173,33 Stunden/Monat).
Unklar ist allerdings bislang, ob es genügt, wenn der Mindestlohn im Monatsdurchschnitt erreicht wird.
In starken Monaten kann es ohne weiteres zu einer weit höheren Mindestvergütung als die genannten 1.471,31 EUR brutto kommen! So beträgt das Mindestentgelt bei 23 Arbeitstagen (wie im Juli 2015) in Vollzeit schon 1.564,00 EUR (23 Arbeitstage x 8 Stunden x 8,50 EUR). Eine Verrechnung mit schwachen Monaten mit z. B. nur 20 Arbeitstagen ist fraglich. Die strikte Festlegung des Gesetzgebers auf einen Mindeststundenlohn und die Fälligkeitsregelung in § 2 MiLoG sprechen eher gegen eine Möglichkeit der Verrechnung. Andererseits hat der Betriebsprüfdienst der DRV (= Rentenversicherung Bund) mitgeteilt, dass er eine verstetigte Bruttoentgeltzahlung akzeptieren wird, wenn nach der Formel
[wöchentliche Arbeitszeit x 13 : 3] der Mindestlohn gezahlt wird. Ob das auch für eine Prüfung durch den Zoll gilt, ist derzeit offen.
12. Erfolgsprovisionen, Umsatzbeteiligungen
Rechtliche Unsicherheiten bestehen noch bei Provisionszahlungen und Umsatzbeteiligungen, insb. im Fall von gewährten Vorschüssen z. B. auf Provisionen, die dann im Nachgang – sollte der Vorschuss der Höhe nach zu hoch gewesen sein – wieder mit anderen Vergütungsansprüchen verrechnet werden können.
Bsp.: Provisionsberechnung
Ein Vertreter für Staubsauger mit monatlich 160 Arbeitsstunden erhält ein Fixum i. H. v. 900 EUR. Aufgrund von Provisionen erzielt er in der Regel weitere 1.000–1.200 EUR pro Monat, sodass sein Gesamteinkommen bei ca. 2.100 EUR liegt. Zahlt der Arbeitgeber dem Vertreter tatsächlich 2.100 EUR aus und steht die Provisionszahlung nicht unter dem Vorbehalt, dass diese ggf. aufgrund späterer Nachprüfungen mit anderen Vergütungsansprüchen verrechnet werden kann, hätte der Vertreter 13,12 EUR pro Stunde (2.100 EUR/160 Stunden) und damit mehr als 8,50 EUR erhalten.
Rechtlich schwierig könnte es werden, wenn
- die Provisionszahlungen immer erst dann geleistet werden, wenn z. B. der Kunde auch den Staubsauger bezahlt hat und es damit zu zeitlichen Verzögerungen kommt,
- die Provisionszahlungen nicht den einzelnen Monaten zugeordnet werden können, da diese für mehrere Monate in Summe gezahlt werden oder
- der Arbeitnehmer nicht die erforderlichen Provisionen erwirtschaftet hat und dann gezahlte Vorschüsse mit anderen Vergütungsansprüchen verrechnet werden.
Allein nach dem Wortlaut des Gesetzes unter Berücksichtigung der dort enthaltenen Fälligkeitsbestimmung, wonach der Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zu zahlen ist, wird zum Teil diskutiert, dass nur diejenigen monatlichen Zahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden können, die der Mitarbeiter "unwiderruflich" und damit ohne Vorbehalt erhält. Im Hinblick auf Provisionen wäre dies damit nur bei Mindest- oder Garantieprovisionen der Fall. Im Ergebnis erfordert dies aber ggf. eine Abänderung der bestehenden Provisionsvereinbarungen/Zielvereinbarungen, wenn ohne die Provision bzw. die variable Vergütung der Mitarbeiter pro Monat – unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden – weniger als 8,50 EUR pro Stunde ohne Vorbehalt ausgezahlt bekommt. Bei Mitarbeitern, die allein unter Berücksichtigung des monatlich fest ausgezahlten Betrags, pro Arbeitsstunde weniger als 8,50 EUR erhalten, sollten die bestehenden Arbeitsverträge überprüft und auf das MiLoG angepasst werden.
13. Aufzeichnungspflichten nach § 17 MiLoG
Den Arbeitgeber treffen nach § 17 MiLoG Aufzeichnungspflichten. Betroffen sind Beschäftigungsverhältnisse
a) aller geringfügig Beschäftigten nach
§ 8 Absatz 1 SGB IV (mit Ausnahme der Beschäftigten in Privathaushalten) und
b) in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschaftsbereichen bzw. –zweigen, § 2a SchwarzArbG betrifft:
- das Baugewerbe,
- das Gaststätten- und Beherbungsgewerbe,
- das Personenbeförderungsgewerbe, das Speditions-, Transport und das damit verbundene
- Logistikgewerbe,
- das Schaustellergewerbe,
- die Gebäudereinigung,
- die Forstwirtschaft,
- die Fleischwirtschaft sowie
- Unternehmen im Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen.
c) Im Übrigen bestehen schon bislang und unabhängig von den Pflichten zur Aufzeichnung nach MiLoG Aufzeichnungspflichten in den in
§ 4 AEntG genannten Branchen (zum Teil mit § 2a SchwarzArbG übereinstimmend). Diese Branchen sind
- das Bauhauptgewerbe und das Baunebengewerbe im Sinne der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 (BGBl. I S. 2033), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 26.04.2006 (BGBl. I S. 1085), in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich der Erbringung von Montageleistungen auf Baustellen außerhalb des Betriebssitzes,
- die Gebäudereinigung,
- Briefdienstleistungen,
- Sicherheitsdienstleistungen,
- Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken,
- Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft,
- Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst,
- Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder SGB III
- Schlachten und Fleischverarbeitung.
d) Auch im Bereich der Pflege bestehen Aufzeichnungspflichten (
§§ 13 i.V.m.
19 i.V.m.
7 AEntG).
Aufgezeichnet werden muss wie folgt:
- Beginn
- Ende
- Dauer der täglichen Arbeitszeit
- spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages
- die Aufzeichnungen sind wenigstens zwei Jahre - beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt – aufzubewahren
- Unterlagen sind in deutscher Sprache aufzubewahren
- auf Verlangen der Prüfbehörde (Zoll) auch am Ort der Beschäftigung (z.B. Baustelle)
In bestimmten Fällen genügt der Arbeitgeber der Aufzeichnungspflicht, wenn nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird (etwa bei ausschließlich mobiler Tätigkeit: Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst, dem Gütertransport und der Personenbeförderung), § 17 Absatz 4 MiLoG und des
§ 19 Abs. 4 AEntG.
14. Leiharbeitnehmer
Verliehene Arbeitnehmer sind grundsätzlich Arbeitnehmer des Verleihers. Dieser ist demzufolge verantwortlich für die ordnungsgemäße Vergütung. Dabei gilt der geplante Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR nur dann, wenn sich nicht eine andere Vergütung aus einem für das jeweilige Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag ergibt. Tarifentgelte unterhalb von 8,50 EUR brutto gelten bis längstens 31.12.2016.
15. Was droht bei Unterschreitung des Mindestlohns?
a) Arbeitnehmer kann Vergütungsdifferenz einklagen
b) Die Sozialversicherungsträger werden grundsätzlich vom Mindestlohn ausgehen und entsprechende Nachforderungen gegen
den Arbeitgeber erheben
c) Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet nach § 13 MiLoG i.V.m.
§ 14 AEntG (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zur Zahlung des Mindestlohns wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. § 13 MiLoG verweist auf
§ 14 AEntG. Die Bürgenhaftung ist verschuldensunabhängig. Umstritten ist noch, ob die Haftung jeden Auftraggeber einer Werk-oder Dienstleistung trifft oder ob sie auf Generalunternehmen beschränkt ist.
d) Bußgelder: Ordnungswidrig handelt u.a., wer den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig wird, der den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro geahndet werden. Üblicherweise lautet die Formel:
Geldbuße = nicht gezahlter Mindestlohn x 2 + 30 %
Bsp.: Nicht gezahlter Mindestlohn in Höhe von 10.000,00 EUR = 26.000,00 EUR Geldbuße
Bei nachgewiesenem Vorsatz verdoppelt sich der Betrag noch einmal (die Geldbuße
würde dann also 52.000,00 EUR betragen!).