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16. Jun 2023
Ein Gutachter des TÜV Süd bewertete ein gebrauchtes Motorrad mit einem zu hohen Wert. Den kapitalen Motorschaden hatte er grob fehlerhaft nicht erkannt. Unser Mandant gab deshalb ein zu hohes Gebot für den Erwerb des Motorrades ab.
12. Jun 2023
Neue Pfändungsfreigrenzen ab dem 01.07.2023.

24. Aug 2016

Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltes


Im Zuge der Scheidung einer Ehe steht regelmäßig das Thema des nachehelichen Unterhalts im Raume. Gem. § 1569 BGB hat nach der Scheidung zwar jeder Ehegatte die Pflicht, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu jedoch außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt. Dieser Unterhaltsanspruch kann gem. § 1578 b BGB aus Billigkeitsgründen betragsmäßig herabgesetzt und zeitlich begrenzt werden.


Der unterhaltsberechtigte Ehegatte kann nach Scheidung der Ehe jedenfalls (noch) für eine Übergangszeit nachehelichen Unterhalt in Anlehnung an die ehelichen Lebensverhältnisse verlangen. Dadurch soll ihm eine Anpassung seines Lebensstils an die Einkünfte ermöglicht werden, die er aus eigener Kraft erzielen kann. Nach Ablauf der Übergangszeit wird geprüft, ob ihm – bedingt durch die Rollenverteilung in der Ehe – Nachteile entstanden sind. Liegen solche ehebedingten Nachteile nicht (mehr) vor, endet der Unterhaltsanspruch nach Ablauf der Übergangszeit. Sind sie dagegen eingetreten, weil der Unterhalsberechtigte ein geringeres Einkommen erzielt, als er es (mutmaßlich) ohne die Ehe erzielt haben würde, ist eine Unterhaltsbefristung im Regelfall ausgeschlossen. Der Unterhaltsberechtigte hat dann Anspruch auf Nachteilsausgleich in Form der Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten (oder erzielbaren) und demjenigen Einkommen, dass er ohne die Rollenverteilung in der Ehe hätte erzielen können.


In einer aktuellen Entscheidung hat sich der BGH (Beschluss vom 08.06.2016, XII ZB 84/15) damit befasst, ob dieser ehebedingte Nachteil hälftig auf beide geschiedenen Ehegatten zu verteilen ist oder in voller Höhe zugunsten des Unterhaltsberechtigten. Entgegen anderslautender Meinungen in der Literatur hat sich der BGH dafür entschieden, den Nachteil in voller Höhe zugunsten des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Als Gründe nannte der BGH dabei Folgende:

  1. Eine hälftige Berücksichtigung des Nachteiles bei beiden geschiedenen Ehegatten würde dazu führen, dass dem Unterhaltsberechtigten (aus eigenem Einkommen und Unterhalt) gerade nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, um seinen eigenen angemessenen Lebensbedarf zu decken.
  2. Die Pflicht zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt ist eine vom Gesetz an die Scheidung geknüpfte Rechtsfolge, die nicht die Erzielung des Einkommens, sondern die Verteilung des Einkommens betreffe. Untergrenze sei das Existenzminimum, Obergrenze der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen.


Ein Widerspruch zum Zugewinnausgleich liegt nach Auffassung des BGH nicht vor, da es dort um die Verteilung von ehelich erworbenem Vermögen, im Rahmen des § 1578 b BGB hingegen um die Abdeckung eines nachehelichen Unterhaltsbedarfes geht. Hinsichtlich des damit im Zusammenhang stehenden Versorgungsausgleiches sieht der BGH ebenfalls keine Widersprüche. Damit im Zusammenhang stehende – durch die Rollenverteilung in der Ehe begründete – ehebedingte Nachteile werden bei der Durchführung des Versorgungsausgleiches kompensiert (BGH, Beschluss vom 14.05.2014, VII ZB 301/12 | BGH, Beschluss vom 26.02.2014, VII ZB 235/12).

Fazit: Nach dieser Entscheidung des BGH ist die Frage der Verteilung des ehebedingten Nachteiles abschließend entschieden. Schwierig bleibt in Zukunft auch die Ermittlung des ehebedingten Nachteils. Diese können aus Erwerbsnachteilen aufgrund der ehelichen Rollenverteilung bestehen (BGH, Beschluss vom 19.06.2013, VII ZB 309/11), etwa bei ehebedingten Absehen von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder bei Aufgabe einer schon ausgeübten Erwerbstätigkeit, ebenso bei ehe- oder familienbedingten Arbeitsplatzwechsel (BGH, Beschluss vom 13.03.2013, VII ZB 650/11). Ein ehebedingter Nachteil liegt hingegen nicht vor, wenn die Einkommensdifferenz auf ein schon bei Eingehung der Ehe bestehenden unterschiedlichen Ausbildungsniveau beruht (BGH, Urteil vom 06.10.2010, VII ZR 202/08). Bei Erkrankung kann sich der Nachteil aus dem Fehlen einer ausreichenden Absicherung für krankheitsbedingte Einkommensnachteile aufgrund ehelicher Rollenverteilung ergeben, z.B. bei fehlender Voraussetzung für eine EU-Rente (BGH, Beschluss vom 19.06.2013 VII ZB 309/11). In jedem Fall muss die Gestaltung der Ehe, also die Rollenverteilung der Ehe, kausal für den Erwerbsnachteil sein (BGH, Beschluss vom 13.03.2013, VII ZB 650/11). Verfahrensrechtlich wird dabei regelmäßig die Darlegungs- und Beweislast sowohl hinsichtlich der Abgrenzung des Normalfalls der üblichen Gehaltssteigerung vom Sonderfall des beruflichen Aufstiegs (BGH, Urteil vom 20.10.2010, VII ZR 53/09) als auch hinsichtlich der Merkmale „Bereitschaft und Eignung“ auf Seiten des Unterhaltsberechtigten (BGH, Urteil vom 26.10.2011, VII ZR 162/09) liegen. Hinsichtlich der Kompensation ehebedingter Nachteile beim Versorgungsausgleich sei noch darauf hingewiesen, dass Ausnahmen dann in Betracht kommen, wenn der Versorgungsausgleich nur einen Teil der Ehezeit umfasst (BGH, Urteil vom 04.08.2010, VII ZR 7/09), ehebedingt die Mindestbeitragszeiten für eine EU-Rente nicht erfüllt sind oder die Voraussetzungen für eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung vorliegen (BGH, Urteil vom 07.03.2012, VII ZR 179/09).

Verfasser: Frank Hengst